Text
Über die Werkgruppe Fortaleza
Verfasst von Stefan Reinhard Becker-Schmitz
April 2024
In seiner Malerei rekapituliert Steffen Pascal Meister seine kontrastreichen Empfindungen, die ein Spiegelbild für die Unterschiede und Gegensätze der Kulturräume ( Ruhrpott versus Fortaleza, Brasilien) sind. Hierfür beschreibt er seine Erlebnisse nicht konkret wie in einem Reisetagebuch.
Denn über Brasilien können andere schreiben.
NEIN! - Er malt!
Er malt und konfrontiert uns so mit den Empfindungen des erlebten. Er schafft es, die Gegensätze und Kontraste in eine abstrakte und virtuose Bildsprache zu transformieren. Dabei beschönigt er nichts. Wir sehen Farben, die sich auflösen und einem zufälligem Prozess hingegeben werden. Sie treiben und wabern durch den Bildraum. Demgegenüber arrangiert er geometrische oft Polygon anmutende Strukturen, die sich in das den Zufällen und dem Chaos preis gegeben Malmaterial streng formieren und so einsortieren. Ein Spiel aus Chaos und Ordnung. Rhythmisch virtuose Gesten kontrastieren spontane und zufällig anmutende Pinselbewegungen, die gestupst, geschoben und scheinbar willkürlich sind. Zusätzlich ist der Bildraum unlösbar ineinander verschachtelt. Das Hinten findet gleichzeitig mit dem Vorne statt sowie das Oben mit dem Unten usw. Oft entstehen Eindrücke von Landschaft, manchmal kokettiert der Künstler auch mit dem Motiv der Palme oder des Baumes, um uns auf eine richtige und gleichzeitig falsche Fährte zu locken, denn wandert der Blick, so zerfällt das Bild in eine abstrakte, gewaltige und gleichsam sensible Materialschlacht. Wie gesagt - die Spannung der Gegensätze ist hierbei ein Leitgedanke seiner Kunst. Zusätzlich wird er im Arbeitsprozess Beobachter und Akteur. Er beobachtet das Malmaterial - wie sich die Acrylfarben mit Wasser verdünnt auf der Leinwand nach einer Schüttung eine Form auf der Leinwand sucht. Er gibt Pigmente und Bindemittel hinzu, sowie Schellack und beobachtet die prompte Veränderung des Materials. Mal zieht sich die Farbe an, mal stößt sie sich ab. Mal geht er in das noch nasse Material, mal überarbeitet er es nach der Trocknung. Mal klebt er es akkurat ab und setzt diesen klaren Bildräumen organische Formen und Zufälle entgegen. Gegensätze! Spannung! Auf die Frage warum er so arbeitet, hat er auch eine kurze und klare Antwort: „Ich brauche ein Spannungsfeld, im Leben wie in der Kunst.“ Und was soll ich sagen- das ist gut so! Denn kaum ein Maler zelebriert in seiner Arbeit die Vereinigung von Gegensätzen so wie er. Er vereint das unvereinbare zu einer Gleichzeitigkeit, die das sich widersprechende in eine alle umfassende Harmonie überführt. Seine Kunst ist nicht politisch oder einem Klischee unserer Zeit zum Opfer gefallen. Sie ist mehr als das, denn sie ist Zeitlos und auf eine besondere und höre Weise für unsere Gesellschaft von höchster Relevanz. Denn seine Arbeit baut Brücken und vereint das unvereinbare. Steffen Pascal Meister zeigt in seiner Arbeit, dass wir innere und äußere Gegensätze aushalten und überwinden können und diese so eine bereichernde Wirkmacht in uns entfalten können. Eine Wirkmacht die sich den Konfliktpotentialen der Kulturen entgegenstellt. „Und warum benutzt du keine Titel?“ habe ich ihn gefragt. „Weil ein Bild keinen Titel braucht, der Titel entsteht im Betrachter selbst, in seinen Empfindungen. Die Empfindung des Betrachters ist bedeutender für mich und macht den Titel überflüssig.“ Hat er mir geantwortet. Das weglassen des Titels ermöglicht so, nicht den Raum der Deutung, sondern den der Entdeutung zu betreten. Eine Strategie, die uns auf ein „Hier und Jetzt“ zurückwirft, dass wir spüren, wenn wir mit dem Bild in Kontakt treten. Das Du des Beobachters ist hier nämlich ebenso wichtig wie das Bild selbst. Man trifft sich auf Augenhöhe. Wäre die Welt nicht eine schönere, wenn sich alle Menschen so auf der Winkelwaage seiner Kunst begegnen würden? Die Bilder von Steffen Pascal Meister sind somit Zeugnisse der menschlichen Fähigkeit, Emotions- und Gedankenräume zu visualisieren, die sich diametral gegenüber liegen und doch zu einem harmonischen Ganzen werden. Fast auf magische Weise entziehen sie sich der Sprache und können nur über die Betrachtung erfahrbar gemacht werden.